Artenschutz
Der Zoo Leipzig engagiert sich weltweit und regional für den Artenschutz und leistet damit auch aus Sicht der Weltnaturschutzunion (IUCN) als Teil der Zoo- und Aquariengemeinschaft einen bedeutenden Beitrag zum Artenschutz. Neben dem Lebensraumschutz bilden sowohl der Schutz bedrohter Arten im natürlichen Lebensraum als auch die Zucht bedrohter Arten im Zoo Schwerpunkte unserer Artenschutzprojekte. Der Erhalt von genetisch-diversen Reservepopulationen ist notwendig, um perspektivisch schrumpfende Bestände in der Natur stützen zu können. Nur so können Wiederansiedlungsprojekte erfolgreich durchgeführt werden, wenn der durch politische Unruhen, Kriege oder Zerstörung bedrohte Lebensraum wieder sicher ist. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Arten unglaublich schnell aussterben können. In besonderen Situationen stellen auch Naturentnahmen wie zum Beispiel beim Feldhamster sicher, dass eine Reservepopulation aufgebaut werden kann und die Art nicht ausstirbt.
Die zahlreichen Artenschutz-Projekte des Zoo Leipzig können hier eingesehen werden.
Auswilderung
Die Auswilderung von Tieren ist auf Ebene der Welt-Staatengemeinschaft bei der Welt-Naturschutzunion IUCN an konkrete Richtlinien geknüpft und ein langwieriger Prozess, der zu allererst den politischen Willen sowie geeignete Lebens- und Schutzräume für wildlebende Populationen erfordert. Genau an diesen fehlt es häufig, was die Bestände im natürlichen Lebensraum schrumpfen lässt. Zum verantwortungsvollen Populationsmanagement gehört es deshalb, gesunde Bestände in menschlicher Obhut zu erhalten, um bei verbesserten Bedingungen in den natürlichen Lebensräumen Tiere zur Auswilderung bereitstellen zu können. Auch dieser Schritt bedarf großen zeitlichen Vorlaufs, da die schrittweise Gewöhnung und das Erlernen des Überlebens über verschiedene Etappen und ggf. Generationen erfolgen muss.
Daneben bedarf es Strukturen vor Ort im Verbreitungsgebiet, über die die Auswilderungen durchgeführt und langfristig wissenschaftlich begleitet werden können. Der Zoo Leipzig hat sich in der Vergangenheit und Gegenwart verschiedentlich an Auswilderungsprojekten beteiligt. Sowohl 2024 als auch 2025 konnten gemeinsam mit dem Arbeitskreis „Kooperativer Feldhamsterschutz in Sachsen“ Feldhamster ausgewildert und damit ein positives regionales Artenschutzprojekt unterstützt werden. Mehrfach wurden im Zoo geborene Nachzuchten auch an internationale Projekte abgegeben, z.B. Przewalski-Pferde in die Mongolei und nach China sowie Habichtskäuze nach Österreich.
Bildung durch Erleben
Gäbe es keine Zoos – man müsste sie erfinden, um das Erleben von Wildtieren, die Sensibilisierung für ihre Bedürfnisse und das Begreifen ihrer Schutzbedürftigkeit mit allen Sinnen zu ermöglichen. Der Zoo Leipzig empfängt jährlich bis zu 13.000 Schülerinnen und Schüler zum fachübergreifenden Unterricht in der Zooschule, unterstützt die Forschung und Lehre z.B. an der Universität Leipzig, vermittelt bei Kinderuniversitäten in Mitteldeutschland Wissen über bedrohte Tierarten und den Artenschutz und steht als Partner für zahlreiche Wissensformate zur Verfügung. Auch die edukative Beschilderung im Zoo, interaktive Lernstationen, geführte Entdeckertouren und thematische Veranstaltungen reichern das Zooerlebnis an und stellen eine emotionale Verbindung zwischen Mensch und Tier her.
Fischbestand im Aquarium
Neben edukativen Aspekten stehen der Arterhalt und die Nachzucht von bedrohten Fischarten in unserem Aquarium zunehmend im Fokus. In den vergangenen Jahrzehnten hatte sich die Wissenschaft v.a. auf die Erforschung artgemäßer Bedingungen für Säugetiere und Vögel konzentriert. Durch den enormen Wissenszuwachs sowie durch technische Innovationen in den vergangenen Jahren sind auch die Möglichkeit der langfristigen und selbsterhaltenden Haltung und Zucht vieler Fischarten und anderer aquatischer Tierarten gegeben. Bei Süßwasserfischen gehen unsere Bestände bereits fast ausschließlich auf Nachzuchten aus eigenen Beständen oder anderen zoologischen Einrichtungen zurück.
Auch in der Meerwasseraquaristik gibt es sehr große Fortschritte und eine immer größere Zahl erfolgreicher Nachzuchten. Trotzdem sind im Prozess dieser Transformation noch Naturentnahmen notwendig. Dabei tragen Projekte, die durch eine streng regulierte Fischerei und als wichtige Einkommensquelle für die lokale Bevölkerung funktionieren, dazu bei, dass aquatische Lebensräume nachhaltig geschützt werden. Zudem finden sich im Zoo Leipzig auch zahlreiche Fische und Wirbellose, die aus Bestandsauflösungen von Aquarianern und zoologischen Einrichtungen stammen, sodass diese Tiere bestmögliche Bedingungen auf neuestem technischen und wissenschaftlichen Stand vorfinden.
Futterlogistik
Die artgemäße Fütterung des wertvollen Tierbestandes im Zoo Leipzig gehört zu einer guten Tierhaltung dazu. Der Zoo Leipzig verfügt über einen zentralen Futtertrakt, der entsprechend der Ernährungspläne, die auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse ausgearbeitet werden, die verschiedenen Tierarten in den Revieren versorgt.
Das Futterteam kümmert sich sieben Tage die Woche um die Versorgung der hungrigen Mäuler und Schnäbel der uns anvertrauten Tiere. Mehr als 600 Tierarten zu versorgen, bedeutet eine hohe Variabilität in der Versorgung und eine anspruchsvolle Vorrats- und Frischfutterlogistik.
Beispielhaft folgen hier die Verbrauchswerte der einzelnen Futtermittel innerhalb eines Jahres zur Fütterung des gesamten Tierbestandes:
159.670 kg Wiesenheu, 49.770 kg Luzerneheu, 47.520 kg Stroh, 39.570 kg div. Pellets, 2.925 kg Getreideprodukte, 1.246 kg Mineral- und Wirkstoffgemische, 36.350 kg Vogelfutter, 311.150 kg frisches Grünfutter wie Gras und Luzerne, 32.760 Eier, 728 Toastbrote, 1.715 Liter Milch, 28.612 kg Fleisch, 20.245 kg Fisch, 39.500 kg Äpfel/Birnen, 30.160 kg Möhren, 8.750 kg Rüben, 179.000 kg diverses andere Obst und Gemüse und 5574 Bündel Eukalyptuslaub.
Dass Tiger, Leoparden und Seelöwen keinen Salat fressen, ist allgemein bekannt. Aber wie viel Futter benötigt der Zoo Leipzig für seine Raubtiere und fleischfressenden Bewohner im Einzelnen? Auf ein ganzes Jahr gesehen kommen mehr als 28.000 kg Fleisch und mehr als 20.000 kg Fisch zum Einsatz: Der Bedarf an Rindfleisch mit Knochen liegt dabei bei etwa 20.000 kg. Dazu kommen etwa 30.000 Küken, Insekten und Kleinsäuger wie Mäuse, Ratten und Hamster (nicht die vom Aussterben bedrohten Feldhamster), die zum großen Teil aus der zooeigenen Futtertierhaltung stammen. Manchmal werden auch Wild- und Nutztiere aus dem Zoobestand verfüttert.
Gehege als Lebensraum
Bei der Gehegegestaltung orientieren wir uns stark an den Verhaltensweisen der Tiere, um artgemäße Lebensräume zu gewährleisten. Die reine Fläche und Größe des Geheges ist dabei weniger der entscheidende Faktor. Es kommt vor allem darauf an, dass die Tiere je nach Art ausreichend Kletter- und Versteckmöglichkeiten, Wasser- und Lehmsuhlen oder Badebecken, Sitzmöglichkeiten oder Liegeflächen haben, um natürliche Verhaltensweisen ausleben zu können.
Die weiten Strecken, die einige Tierarten im natürlichen Lebensraum zurücklegen, können wir nicht bieten. Im natürlichen Lebensraum sind sie zumeist durch die Notwendigkeit der Nahrungs- und Wasserbeschaffung bedingt. Im Zoo entfallen diese belastenden Wegstrecken und eine mögliche Futterknappheit, da die Tiere täglich artgemäß versorgt werden.
Medizinisches Training und artgemäße Beschäftigung
Neben der artgemäßen Gestaltung des Geheges ist auch der Tagesverlauf sowie die Anreicherung des Alltages durch die Tierpfleger entscheidend. In sozialen Gruppen und Herden ergeben sich tagtäglich neue Situationen und Herausforderungen für die einzelnen Tiere. Auch die Vergesellschaftung verschiedener Arten in einer Anlage sorgt für eine natürliche Bereicherung. Bei einigen Arten werden zusätzliche medizinische Trainingseinheiten oder Beschäftigungen wie Futterbälle und versteckte Gerüche eingesetzt oder Herausforderungen beim Futter finden gestellt. Die Tierpfleger sind auch darüber hinaus kreativ und ideenreich, um neue Impulse für die Tiere zu setzen. Dadurch werden die Tiere körperlich und mental gefordert und bleiben fit. Auch das Ablaufen ähnlicher Wege zur Markierung und Kontrolle des eigenen Reviers gehört bei manchen Tierarten zum typischen Verhalten dazu.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz
Die Auszeichnung mit dem „Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024“ als erster deutscher Zoo hat uns stolz gemacht und ist Ansporn, unseren Weg zum klimaneutralen Zoo fortzusetzen. Durch das EMAS-zertifizierte Umweltmanagementsystem, das wir seit 2014 pflegen, haben wir unsere Energieverbräuche teilweise um mehr als 50 Prozent reduzieren können. Wir beziehen zu 100 Prozent Ökostrom und nutzen Fernwärme der Stadtwerke Leipzig. Beim täglichen Handeln leitet uns das Ziel, Ressourcen schonend zu arbeiten und Abfall zu vermeiden. Weitergehende Informationen dazu finden sich hier.
Populationsmanagement
Um eine artgemäße Tierhaltung zu gewährleisten und gesunde Populationen bedrohter Tierarten zu erhalten, sind zahlreiche Aspekte zu beachten. Wohlbefinden, Tiergesundheit, artgerechte Ernährung und das Ausleben von Sozialverhalten sowie Jungtieraufzucht und Fortpflanzung gehören dazu.
Zuchtempfehlungen bei bedrohten Arten werden vom Europäischen Erhaltungszuchtprogramm auf Basis des kontinentalen Bestandes ausgesprochen. Die Zukunftsdaten sind dabei nicht allumfassend, so dass die Entwicklung der Populationen mit Blick auf Geburten und Sterbefälle nur bedingt vorhergesagt werden kann. Wichtig ist die Gesunderhaltung der Population sowie einer adäquaten Alters- und Geschlechtsstruktur, die den langfristigen Fortbestand der Arten ermöglicht.
Im Rahmen dieses ausgewogenen Populationsmanagements kann es deshalb notwendig sein, dass Tiere nicht in ihren Gruppen oder Herden bleiben können, weil es die Alters- oder Geschlechtsstruktur oder der Platz nicht hergeben. In solchen Fällen wird gemeinsam mit dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das die Bestände bedrohter Arten in Europa koordiniert, eine Lösung für eine neue Unterbringung gesucht. Gibt es keine Alternative, kann die Entscheidung getroffen werden, Tiere zum Zweck der Verfütterung zu töten (siehe „Verfüttern von Zootieren“).
Verfüttern von Zootieren
Im Rahmen des Populationsmanagements werden alle Möglichkeiten für alternative Unterbringungsmöglichkeiten für Tiere, die nicht in ihrem sozialen Verband bleiben können, geprüft. Kann keine verantwortungsvolle Lösung gefunden werden, kann durch eine zoo-interne Tierschutzkommission der Beschluss zur Tötung zum Zweck der Verfütterung an Raubtiere gefasst werden. Derartige Entscheidungen werden nicht leichtfertig getroffen, sondern sind Ergebnis intensiver Prozesse.
Tatsache ist aber auch, dass zum Artenschutz auch die Reproduktionsfähigkeit des Bestandes erhalten werden muss und nicht durch Überalterung gefährdet werden darf. Die Fortpflanzung und Aufzucht von Nachwuchs gehören zudem zu einer artgemäßen Haltung dazu. Darüber hinaus sind zum Zeitpunkt der Zuchtentscheidung nie alle Parameter der Populationsentwicklung - z.B. mit Blick auf Geburten und Sterbefälle - bekannt.
Wenn Zootiere zum Verfüttern getötet werden, handelt es sich um gesundes und vollwertiges Futter für die Raubtiere, von dem Herkunft und Haltung bekannt sind. Die Tiere zu entsorgen statt zu verfüttern, wäre nicht sinnvoll und nicht vertretbar, denn auch anderes Fleisch zur Fütterung wird durch Tötung von Tieren gewonnen, um das Nahrungsspektrum der Raubtiere zu erfüllen.
Vergesellschaftung
Der Zoo Leipzig gestaltet die Gehege so weit wie möglich als artgemäße Lebensräume, in denen auch verschiedene Tierarten gemeinsam gehalten werden können. Dies entspricht zum einen dem natürlichen Geschehen im ursprünglichen Lebensraum der Tiere, wo sie ebenfalls auf andere Arten treffen, zum anderen ist das Aufeinandertreffen verschiedener Arten immer auch eine Beschäftigung für die Tiere, da man sich auf andere Reize und Erlebnisse im Zusammenspiel untereinander einstellen muss. Dies sorgt für Abwechslung und bereichert den Tagesablauf der Tiere positiv.
Vogelhaltung
Die meisten unserer Vogelarten werden bereits in überdachten oder übernetzten Anlagen wie der Tropenhalle oder großen Volieren wie den Freiflugvolieren und der Flamingolagune gehalten. Bei wenigen anderen Arten bedienen wir uns gesetzes- und tierschutzkonform dem Federn beschneiden, das schmerzfrei erfolgt und mit dem Haare schneiden vergleichbar ist. So können wir gewährleisten, dass die Tiere im geschützten Rahmen mit ausreichend Futterangebot sowie der professionellen Pflege verbleiben.
Wirtschaftliche Notwendigkeiten
Der Zoo Leipzig ist ein Natur- und Erlebniszentrum, das sich auf den Schutz bedrohter Arten, die Wissensvermittlung und das Naturerlebnis konzentriert. Um die herausfordernden Aufgaben zu meistern, sind finanzielle Mittel notwendig. Die Zoo Leipzig GmbH finanziert seinen Geschäftsbetrieb sowie die Arten- und Naturschutzarbeit dabei zu ca. 90 Prozent selbst durch Eintrittsgelder, Zooshop- und Gastronomieerlöse sowie Spenden. Die übrigen etwas zehn Prozent sind Zuschüsse der Stadt Leipzig, die Eigentümer der Zoo Leipzig GmbH ist.
