Zebrafleisch für Löwen

Beim Thema Raubtierfütterung prallen Welten aufeinander: Für die einen ist es ganz natürlich, dass Raubtiere Fleisch fressen, den anderen ist das zwar bekannt, aber sie wollen es nicht sehen. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns im Zooalltag. Seit längerem arbeiten wir darauf hin, dass es gesellschaftlich akzeptiert wird, dass die Raubtierfütterung ein Teil des ganzheitlichen Erlebnisses beim Zoobesuch sein kann.

Wir haben Verständnis dafür, dass es ablehnende Stimmen gibt, sehen das Thema aber als Prozess, den wir  Schritt für Schritt mit unseren Besucherinnen und Besuchern angehen möchten. Selbstverständlich füttern wir unsere Raubtiere artgemäß mit Fleisch, das von Zeit zu Zeit auch aus unserem eigenen Bestand kommt. Es ist nachhaltiger, das wertvolle Fleisch zu verfüttern statt es zu entsorgen und anderes zu kaufen.

Die Diskussion um den Zebrahengst Franz greift eine weitere Facette des Zooalltags auf: das Populationsmanagement. Darunter versteht man die Steuerung des Bestandes von einer Tierart in den Zoos.  Im Interesse der Gesamtpopulation müssen Zoos in enger Abstimmung mit den Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen genetisch vielfältige und gesunde Tierpopulationen managen. Dazu gehören auch unbequeme Entscheidungen, Tiere, die nicht anderweitig untergebracht werden und keinen weiteren Beitrag für die Zukunft ihrer Art leisten können, zum Zwecke der Weiterverfütterung an Zootiere zu schlachten.

Unser Zebrahengst ist auf Empfehlung des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms aus der Zucht ausgeschieden und konnte nicht in der Herde verbleiben. Die Entscheidung, ihn zur Verfütterung zu töten, wurde nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller Optionen, zu der auch die Abgabe an eine geeignete Haltung zählte, getroffen. Grundsätzlich ist es notwendige Realität, dass Fleischfresser Fleisch fressen und dies auch im Bewusstsein der Besucher verankert wird.

Futterlogistik im Zoo Leipzig:

Tägliche Herausforderung: Mehr als 600 Arten ernähren

Die artgerechte Fütterung des wertvollen Tierbestandes im Zoo Leipzig gehört zur artgemäßen Haltung dazu. Der Zoo Leipzig verfügt über einen zentralen Futtertrakt, der entsprechend der Ernährungspläne die verschiedenen Tierarten in den Revieren versorgt. Das Futterteam kümmert sich sieben Tage die Woche um die Versorgung der hungrigen Mäuler und Schnäbel der uns anvertrauten Tiere.

Mehr als 600 Tierarten zu versorgen, bedeutet eine hohe Variabilität in der Versorgung und eine anspruchsvolle Vorrats- und Frischfutterlogistik. Einmal im Jahr erscheint die Panthera, der Jahresbericht des Zoo Leipzig, der auch den Verbrauch zentraler Futtermittel ausweist. So ist dokumentiert, dass im Jahr 2022 insgesamt 159.670 kg Wiesenheu, 49.770 kg Luzerneheu, 47.520 kg Stroh, 39.570 kg div. Pellets, 2.925 kg Getreideprodukte, 1.246 kg Mineral- und Wirkstoffgemische, 36.350 kg Vogelfutter, 311.150 kg Grünfutter, 32.760 Eier, 728 Toastbrote, 1.715 Liter Milch, 28.612 kg Fleisch, 20.245 kg Fisch, 39.500 kg Äpfel/Birnen, 30.160 kg Möhren, 8.750 kg Rüben, 179.000 kg diverses andere Obst und Gemüse und 5574 Bündel Eukalyptuslaub zur Fütterung des gesamten Tierbestandes benötigt wurden.

Dass Tiger, Leoparden und Seelöwen keinen Salat fressen, ist allgemein bekannt. Aber wie viel Futter benötigt der Zoo Leipzig für seine Raubtiere und fleischfressenden Bewohner im Einzelnen? Auf ein ganzes Jahr gesehen kommen mehr als 28.000 kg Fleisch und mehr als 20.000 kg Fisch zum Einsatz: Der Bedarf an Rindfleisch mit Knochen liegt dabei bei etwa 20.000 kg. Dazu kommen etwa 30.000 Küken, Insekten und Kleinsäuger wie Mäuse, Ratten und Hamster, die zum großen Teil aus der zooeigenen Futtertierhaltung stammen. Manchmal werden auch Wild- und Nutztiere aus dem Zoobestand verfüttert. Dies ist v.a. dann der Fall, wenn es das Herdenmanagement nötig macht und keine andere tierschutzgerechte Lösung wie eine artgemäße Haltung gefunden werden konnte. Dies kann der Fall sein, wenn die Tiere den Eltern- oder Herdenverband verlassen müssen weil nur ein männlicher Artgenosse in der Herde sein kann oder es anderweitige soziale oder genetische Probleme im Bestand gibt. Wichtig dabei ist zu wissen, dass ausschließlich gesunde Tiere verfüttert werden dürfen. Krankheitsverdächtige Tiere werden zur Ursachenforschung weiter untersucht. In den vergangenen Jahren wurden durchschnittlich etwa fünf Wildtiere pro Jahr wie Antilopen, Hirsche, Schweine und Zebras verfüttert. Aus dem Haus- und Nutztierbereich wurden durchschnittlich zwei Ziegen und fünf Schafe verfüttert.

Die artgerechte Fütterung der uns anvertrauten Tiere ist ein Baustein der professionellen Pflege und Versorgung unseres Tierbestandes. Tierpfleger, Zoologen und Veterinäre kümmern sich gemeinsam mit Fachkenntnis und Herzblut um mehr als 3.000 Tiere – von der Biene bis zum Elefanten.