Vor 5 Jahren wurde der Leipzigs Dschungel eröffnet. Die Tropenerlebniswelt Gondwanaland entwickelt sich seither jeden Tag ein bisschen weiter. Einer, der die gesamte Entwicklung akribisch verfolgt und beeinflusst, ist Seniorkurator Fabian Schmidt. Im Interview blickt er auf die Zeit zurück.

5 Jahre Gondwanaland – welches sind Ihre schönsten Erinnerungen?

Der erste Tapirnachwuchs in Gondwanaland gehört sicherlich zu den Highlights. Stolz bin ich aber vor allem darauf, dass es uns gelungen ist, bei vielen bedrohten Tierarten nicht nur einmal, sondern wiederholt erfolgreich Jungtiere zu züchten. Bei den Dikdiks, den Strahlendreikielschildkröten, den Dianameerkatzen und den Tüpfelbeutelmardern waren wir immer wieder erfolgreich, unseren Teil zu einer stabilen Population beizutragen. Es sind aber nicht nur die zoologischen Erfolge, die zu den schönsten Momenten gehören. Vielmehr ist es auch für mich beeindruckend zu sehen, wie sich die Halle entwickelt, die Vegetation üppiger wird.

Gibt es dafür Beispiele?

Das Tapirgehege ist so ein Beispiel: Anfangs glich das Gehege einem gut gepflegten Golfplatz mit englischem Rasen. Mittlerweile ist es eine Lichtung im Regenwald, auf der sich unsere Tiere so wohl fühlen, dass wir innerhalb der fünf Jahre Gondwanaland bereits drei Mal Nachwuchs hatten. Aber auch insgesamt ist Gondwanaland wilder und natürlicher und die Vegetation höher geworden. Gondwanaland lebt auch zwischen den Gehegen. Wir haben mittlerweile einen reichhaltigen Bestand an Vögeln, Amphibien, Reptilien und Flughunden, die sich frei in der Halle bewegen. Zu sehen, wie sich die Lebensgemeinschaft in unserem Regenwald entwickelt, ist faszinierend.

Hat der Zoo Leipzig mit Gondwanaland auch Neues ausprobiert?

Die Vergesellschaftung verschiedener Tierarten ist hervorragend gelungen. Nehmen wir das Gehege der Riesenotter. Dort leben die Riesenotter gemeinsam mit Weißgesichtssakis und Silberäffchen zusammen. Das funktioniert ebenso gut wie an anderer Stelle die Dikdiks und die Eulenkopfmeerkatzen. Dort wurde zuletzt bei dieser kleinsten Antilopenart ein Jungtier im Beisein der Meerkatzen geboren. Eine Konstellation, die sicher sehr, sehr selten ist. Viel Arbeit haben wir auch einerseits in den Import und andererseits in den Aufbau einer europäischen Population der Tüpfelbeutelmarder investiert. Es ist uns mit inzwischen mehr als 60 Nachzuchten gelungen, die Tierart in Europa zu etablieren.

Wie viel echter Regenwald steckt in Gondwanaland?

Wir sind permanent dabei, das Feintuning von Fauna und Flora und die technische Abstimmung zu optimieren. Das ist ein nie endender Prozess, der viel Arbeit macht obwohl er wenig sichtbar ist, aber das Regenwald-Feeling erst so natürlich macht. Ich war eines Nachts mit Prof. Walter Hödl von der Universität Wien in der Halle unterwegs. Prof Hödl ist einer der führenden Amphibienforscher, der sich vor allem der Kommunikation bei Froscharten im Amazonasgebiet widmet, aber auch in Afrika, Borneo, Indien und Australien unterwegs ist. Irgendwann meinte er: „Das ist ja wirklich wie in den Tropen hier.“ Das ist das schönste Kompliment, was ich je für Gondwanaland bekommen habe.

Welche Aufgaben sehen Sie für die nächsten fünf Jahre?

Wir müssen nichts Großes ändern, aber vor uns liegt jede Menge Detailarbeit, denn irgendwas ist immer. Ein sehr großer Wunsch von mir ist es außerdem, die Ereignisse und Entwicklungen in Gondwanaland wissenschaftlich aufzuarbeiten. Auch zoologisch sind einige Hoffnungen noch nicht erfüllt:  Bislang harmoniert unser Paar bei den Zwergflusspferden noch nicht. Dort hätten wir ebenso gern Nachwuchs wie bei den Eulenkopfmeerkatzen. Bei den Sunda-Gavialen und den Komodowaranen wird das ebenfalls noch eine Frage der Zeit sein. Die Tiere sind noch zu jung. Aber seit wenigen Wochen haben wir die beiden Waran-Weibchen mit in der Halle und damit zumindest in unmittelbarer Nachbarschaft zu Kampung, dem größten Komodowaran in Deutschland.

Zum Abschluss: Verraten Sie Ihren Lieblingsplatz in Gondwanaland?

Ehrlich gesagt ist es weniger ein Platz, sondern eine Zeit – und da profitiere ich stark von meinem Beruf: Am liebsten bin ich in der Dämmerung allein in der Halle unterwegs, um Frösche zu beobachten und die Atmosphäre im Regenwald von Gondwanaland zu genießen.